SoSe 23

Im hessischen Städtchen Weilburg hat im 19. Jahrhundert eine Reihe von Stampflehmhäusern Furore gemacht, mit den Jahren ist diese Konstruktion aber wieder in Vergessenheit geraten. Im Wintersemester 22/23 haben wir im Seminar „Pisé“ bereits eine Bestandsaufnahme dieser Häuser erstellt. Weilburg möchte in einem kommentierten Rundgang nicht nur die bestehenden Gebäude miteinander verbinden und diese lokale Bautradition aufarbeiten, sondern auch Neubauten als Modellvorhaben in einen Pisé-Pfad integrieren. Am Landtor in der Weilburger Altstadt soll das Pisé-Haus errichtet werden. Von Anfang an entwerfen wir nach den Gesetzmässigkeiten des Lehmbaus und versuchen uns die charakteristische Eigenart dieser Bauweise zu Nutze zumachen und vielleicht auch zeitgemässe Weiterentwicklungen zu erproben. Das neue Gebäude soll die lokale Identität fortschreiben und deren Wert in das Bewusstein der Stadt zurückbringen.

Enko II

Über die Bearbeitung einer Entwurfsaufgabe, in Verbindung mit einer abgestimmten Vorlesungsreihe, werden wesentliche Elemente des konstruktiven Entwerfens vermittelt. Ziel der Entwurfsübung ist es, die Gesetzmäßigkeiten des Massivbaus im Konstruktionsprinzip des Schüttens zu erlernen. Die konstruktiven Ausdrucksmöglichkeiten liegen ganz im Gegensatz zu Enko I nicht im Schichten von festem Material, sondern im Schütten von amorphem Material in eine Schalung. Wesentlich ist hier das Verständnis für die Wechselwirkung zwischen Schalung und gegossener Konstruktion sowie für den Übergang von flüssigem zu festem Material. Wir entwerfen in einer Baulücke im Darmstädter Martinsviertel eine Werkstatt. Die Einpassung des Neubaus in den städtischen Kontext ist ein wichtiger Bestandteil dieser Aufgabe. Es soll ein robustes Gebäude mit einer hohen innenräumlichen Qualität entstehen.

Seminar Passage du Pont Neuf

Nach einer Beschreibung aus dem Roman „Thérèse Raquin“ von Emile Zola entwerfen wir die Pariser Passage du Pont-Neuf. Die Passage hat einmal wirklich existiert, und wurde im Jahr 1912 abgebrochen. Wir interessieren uns aber nicht für das originale Gebäude, sondern für den persönlichen Entwurf, der beim Lesen des Romans im Kopf entsteht: denn jede Leser*in entwirft beim Lesen das Gebäude aufs Neue. Über die Arbeit an atmosphärischen Modellen übersetzen wir die akribischen Beschreibungen Zolas in ein neues Gebäude.

„Am Ende der Rue Guénégaud, von den Quais kommend, stößt man auf die Passage du Pont-Neuf, eine Art schmaler, dunkler Korridor, der von der Rue Mazarine bis zur Rue de Seine verläuft. Diese Passage ist höchstens dreißig Schritte lang und zwei Schritte breit. Sie ist mit abgenutzten, losen, gelblichen Fliesen gepflastert, die nie frei von beißender Feuchtigkeit sind. Die quadratischen Glasscheiben, die das Dach bilden, sind schwarz vor Dreck. (…) Die Passage du Pont-Neuf ist kein Ort zum Lustwandeln. Man benutzt sie um einen Umweg zu vermeiden. „

Emile Zola: Thérèse Raquin, 1867